Masterarbeit von Franziska Maria Küpfer
Ein Phänomen, welches sich in den vergangenen Jahren in der Öffentlichkeit deutlich bemerkbar gemacht hat, ist die zunehmende Verbreitung von Fake News, Verschwörungs-theorien und Gerüchten — vor allem in den sozialen Medien. Der postfaktische Zustand der heutigen Gesellschaft lässt auch die Public Relations (PR) nicht unberührt. Aufgrund der zunehmenden Argumentationskraft von Meinungen und Emotionen und dem zeitgleichen Bedeutungsverlust von Fakten, bilden sich auf Seiten der PR neue Möglichkeiten heraus, die postfaktischen Überzeugungsmittel auch im Rahmen der PR-Kommunikation einzusetzen. Diese potenziellen Argumentationsmittel stehen jedoch oftmals im Widerspruch zur branchenintern sowie gesellschaftlich geforderten Wahrhaftigkeit der PR.
Die Studie widmete sich in diesem Zusammenhang der Fragestellung, welche Bedeutung die PR-Praxis der Wahrhaftigkeit bei ihrer Reaktion auf die postfaktischen Entwicklungen sowie innerhalb ihrer aktuellen strategisch-persuasiven Kommunikationsarbeit beimisst. Im Rahmen der Studie wurden zwölf Leitfadeninterviews mit Praktiker*innen aus der deutschen Unternehmenskommunikation sowie dem deutschen PR-Agentur/Beratungssektor geführt. Das Ziel dieser Arbeit war es, sich dem Thema explorativ anzunähern. Die Interviews konzentrierten sich thematisch vor allem auf die strategische Ausrichtung der PR-Praxis bei ihrer Anpassung an die postfaktischen Kommunikationslogiken.
Die Befunde der Forschung zeigen zusammengefasst auf, dass die neuen, postfaktischen Kommunikationsmöglichkeiten von den interviewten PR-Praktiker*innen weitgehend erkannt und verstärkt als Herausforderung für die PR angesehen wurden. Die starke Betonung der Wichtigkeit von Ehrlichkeit, Wirklichkeitstreue, Korrektheit und Faktenbasiertheit verdeutlichte den hohen Stellenwert dieser Werte für die Interviewpartner*innen im Kontext der PR-Kommunikation im postfaktischen Zeitalter. Auch die Verbreitung von Lügen durch die PR wurde von den interviewten Personen insgesamt abgelehnt. In Bezug auf den Aspekt der Vollständigkeit von PR-Inhalten ergab sich aus den Interviews, dass dieser Anspruch aus Sicht der PR-Schaffenden eine in der Praxis nicht realisierbare Anforderung an die PR darstelle. Des Weiteren zeigen die Ergebnisse, dass sich die interviewten PR-Praktiker*innen an zunehmend mehr Stellen vor neuen ethischen sowie operativen Herausforderungen in der postfaktisch und digital geprägten Zeit sehen, welche ihre Wahrhaftigkeit verstärkt auf die Probe stellt.
Die Befunde dieser Forschungsarbeit ermöglichen es, ein grundlegendes Verständnis über die heutige Bedeutung von Wahrhaftigkeit für die interviewten PR-Praktiker*innen der deutschen PR-Branche zu schaffen. Da es sich bei der Untersuchung um eine bloße Einzelfallbetrachtung handelt, können die gewonnen Erkenntnisse nicht auf das gesamte PR-Berufsfeld übertragen werden. Für einen repräsentativen Erkenntnisgewinn bedarf es ein breiter angelegtes, auf quantitativer Basis ansetzendes Forschungsdesigns, welches im Rahmen zukünftiger Forschung empfehlenswert ist. Insgesamt konnten innerhalb der Studie einige Forschungsanregungen und Anknüpfungspunkte für eine zukünftige, wissenschaftliche Beschäftigung mit der Thematik dieser Arbeit identifiziert werden. Vor dem Hintergrund des permanenten Wandels der Öffentlichkeit und der Schnelllebigkeit unserer heutigen digitalen Zeit ist anzunehmen, dass die Thematik auch in Zukunft relevant sein wird.