Masterarbeit von Antonia Küpferling (Sommersemester 2018, Institut für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung, LMU München
Fußball ist die beliebteste Sportart in Deutschland. Genauer gesagt: Männerfußball. Eine Alltagsbeobachtung zeigt, dass die von Männern praktizierte Sportart jedes Wochenende tausende Fans begeistert. Journalisten berichten ausführlich über die Partien. Frauenfußball ist dagegen wenig populär. Fußballerinnen werden von Gesellschaft und Medien oft nicht als ebenbürtig wahrgenommen. Im Vergleich mit anderen gesellschaftlichen Bereichen kann der Fußball daher als rückschrittlich angesehen werden, was die Gleichberechtigung der Geschlechter angeht. Selbiges trifft auf die Berichterstattung über den Sport zu, das zeigen mehrere Studien.
Das Erkenntnisinteresse der Masterarbeit war es, herauszufinden, wie sich die aktuelle mediale Berichterstattung über Frauen- und Männerfußball unterscheidet – und ob weiterhin große geschlechterspezifische Unterschiede auszumachen sind. Anders als bei vielen Vorgängerstudien wurde neben der Berichterstattung über Frauenfußball auch die über Männerfußball analysiert, um einen direkten Vergleich zu ermöglichen.
Quantitative Inhaltsanalyse zweier Turniere
Mittels einer quantitativen Inhaltsanalyse wurde die Berichterstattung über je ein internationales Turnier (Frauen-EM 2013 und Männer-EM 2016) in den drei auflagenstärksten Qualitätszeitungen (SZ, FAZ, Welt) untersucht. Für die Vollerhebung lagen insgesamt 511 Analyseeinheiten vor (77: Frauen-EM, 434: Männer-EM). Die Forschungsfrage lautete: Wie unterscheidet sich die Berichterstattung über deutschen Männer- und Frauenfußball bei Europameisterschaften in ausgewählten Printmedien im Hinblick auf Form, Gestaltung und Inhalt?
Die Ergebnisse im Bereich der Form sind erwartbar, noch immer lassen sich große geschlechterspezifische Unterschiede erkennen: Über Männerfußball wird häufiger, umfangreicher, mit vielfältigeren Darstellungsformen und auf optisch hervorgehobenen Sonderseiten berichtet.
Auch im Bereich Inhalt entsprechen einige Ergebnisse denen früherer Studien: So wird Frauenfußball in der Regel als solcher bezeichnet, Männerfußball dagegen nur als „Fußball“. Zudem wurden Fußballer häufiger als ihre Kolleginnen als Held oder Identifikationsfigur bezeichnet. Es gab in den Texten über Frauenfußball mehrfach Bezüge zum Männerfußball – umgekehrt aber nicht – was dafür spricht, dass der Frauensport noch nicht als autonome Sportart anerkannt wird.
Positive Entwicklung im Sinne der Gleichberechtigung
Im Bereich Inhalt gab es aber auch Ergebnisse, die als positiv im Sinne einer Berichterstattung nach dem Grundsatz der Gleichberechtigung gewertet werden können: Genau wie ihre Kollegen wurden Fußballerinnen selten/nie verniedlichend/erotisch dargestellt. Außerdem lag bei beiden Turnieren der Fokus auf der sportlichen Leistung. Männern und Frauen wurden Werte wie Kraft und Ausdauer sowie die Beherrschung von Performance und Technik zugeschrieben.
Als ebenso positiv sind die Ergebnisse im Bereich Gestaltung zu werten: Die Artikel erschienen auf ähnlichen Positionen der Zeitungsseite und waren prozentual etwa gleich oft bebildert. Waren auf den Fotos Fußballer oder Fußballerinnen zu sehen, so wurden diese häufig in Spielszenen und nur selten im nicht sportlichen Kontext gezeigt.
Mit Blick auf frühere Untersuchungsergebnisse wurde in dieser Arbeit nicht danach gefragt, ob es Unterschiede in der Berichterstattung über Männer-und Frauenfußball gibt, sondern wie diese aussehen. Unterschiede wurden also unterstellt. Das erfreuliche Ergebnis der Analyse lautet, dass zwar in einigen Bereichen weiterhin Unterschiede in der Berichterstattung bestehen – die teils auch sehr deutlich ausfallen – dass es aber mittlerweile in der Sportberichterstattung auch Bereiche gibt, in denen keine Unterschiede mehr erkennbar sind, in denen also mittlerweile durchaus nach dem Grundsatz der Gleichberechtigung berichtet wird.