Masterarbeit von Lea Köthe
(Sommersemester 2020)
Der Klimawandel, oder vielmehr das Leugnen eines menschengemachten Klimawandels, ist eine beliebte Thematik bei Personen, die im postfaktischen Zeitalter das Vertrauen in epistemische Autoritäten wie der Wissenschaft oder dem Journalismus verloren haben. Dieser Vertrauens- und Glaubwürdigkeitsverlust birgt auch für Public Relations als strategisch-persuasive Kommunikation viele Herausforderungen. Als Zielgröße der PR wird die Wichtigkeit von glaubwürdiger und qualitativ hochwertiger Kommunikation immer wieder betont, sowohl normativ als auch als Exzellenzkriterium. Gegensätzlich zum Misstrauen in Fakten über den Klimawandel entwickelt sich bei der Mehrheit der deutschen Gesellschaft ein wachsendes Interesse für Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein. Dadurch steigt die Versuchung, Greenwashing zu betreiben, um Produkte oder Organisationen umweltfreundlicher darzustellen, als sie eigentlich sind.
Die vorliegende Forschungsarbeit widmet sich deshalb der Frage, wie sich Evidenz und Greenwashing in PR-Texten auf die wahrgenommene Qualität und Glaubwürdigkeit der Rezipient*innen auswirken. Durch ein 2×2 Online-Experiment werden den Teilnehmer*innen Stimuli präsentiert und die anschließenden Bewertungen miteinander verglichen. Wie erwartet zeigt die Studie zunächst, dass sich die Verwendung von Evidenz positiv auf die wahrgenommene Qualität auswirkt. Zugleich hat Evidenz einen positiven Effekt auf die wahrgenommene Glaubwürdigkeit der Proband*innen. Umgekehrt kann für Greenwashing ein negativer Effekt auf die beiden Zielgrößennachgewiesen werden: Sowohl die wahrgenommene Qualität als auch Glaubwürdigkeit sinkt, wenn Greenwashing in PR- Texten verwendet wird. Diese Befunde bleiben auch unter Einbezug der Kontrollvariablen robust.
Werden Greenwashing und Evidenz gemeinsam betrachtet, lässt sich ein signifikanter Interaktionseffekt finden, was eine Wechselwirkung zwischen den beiden Variablen beschreibt. Es zeigt sich, dass Evidenz die wahrgenommene Qualität und Glaubwürdigkeit vor allem hebt, wenn Greenwashing vorhanden ist. In Texten ohne Greenwashing fällt der Unterschied in der Bewertung der Zielgrößen niedriger aus. Generell wirkt sich der Interaktionseffekt von Evidenz und Greenwashing somit positiv auf die wahrgenommene Qualität und Glaubwürdigkeit aus, kann aber für beide Zielgrößen die Bewertung ohne Greenwashing nicht übersteigen. Diese Wechselwirkung lässt sich auch im Hinblick auf vorangegangene Untersuchungen interpretieren: Evidenz wirkt sich vor allem positiv aus, wenn der Inhalt des Textes zu Beginn unglaubwürdiger und qualitativ niedriger ist, da er Greenwashing enthält.
Für Public Relations lässt sich somit schlussfolgern: Damit ein Text glaubwürdiger und qualitativ hochwertiger wahrgenommen wird, sollte Evidenz verwendet und auf Greenwashing verzichtet werden. Wird trotzdem auf Greenwashing zurückgegriffen, so kann die Wahrnehmung des Textes durch Evidenz signifikant verbessert werden. DaPublic Relations nicht wie Journalismus einer wahrheitsgemäßen Berichterstattung verschrieben ist, sondern sich Wahrhaftigkeit eher als normative Zielgröße in der PR verorten lässt, wäre die Verwendung von Evidenz somit ein effizienter Weg, Greenwashing persuasiv zielführender zu gestalten. Aus PR-ethischer Sicht und auch aufgrund der insgesamt negativen Bewertung sollte trotzdem von der Verwendung von Greenwashing abgesehen werden.